Proteste gegen die Egger-Ansiedlung in Brilon

Die Achivalie des Monats Oktober ist ein Foto der Proteste rund um die Ansiedlung der österreichischen Firma Egger in Brilon vor 33 Jahren.  Am 8.11.1989 protestierten etwa 2000 Bürgerinnen und Bürger auf dem Marktplatz gegen die Ansiedlung des Konzerns, da sie fürchteten, dass das Werk die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung schädigen könnte.

Dem vorausgegangen waren Verhandlungen mit dem Stammwerk in Tirol, Grundstücksverkäufe und auch die Erteilung der Baugenehmigung, bevor im Oktober 1989 massiv Bedenken zur Umweltverträglichkeit des Werkes aufkamen. Ausgelöst wurden diese maßgeblich durch eine Informationsveranstaltung mit dem Thema „Umweltbelastungen durch das geplante Spanplattenwerk“, bei dem ein Toxikologe sowie ein Chemiker über die möglichen Risiken informierten. Dies sorgte für eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung und auch des Rates. Vonseiten der Genehmigungsbehörden des Landes stieß diese Verunsicherung auf Unverständnis, da ihrer Meinung nach sehr hohe Umweltschutzstandards in die Genehmigung aufgenommen worden waren und sich viele der bei der Versammlung genannten Fakten als nicht haltbar herausstellten. Nichtsdestotrotz blieb die Stimmung in Brilon und der Umgebung sehr negativ und die Front gegen das Werk verhärtete sich: Ende Oktober wurde eine Bürgerinitiative gegründet, die das Werk in Brilon verhindern wollte. Durch die Presse, Flugblätter und Unterschriftenaktionen schaukelte sich die Situation immer weiter auf und gipfelte schließlich in Mahnwachen und die auf dem Foto festgehaltene Demonstration auf dem Marktplatz. Besorgte Bürger und Landwirte machten ihren Ängsten damit Luft.

Die Genehmigungsbehörden dagegen blieben dabei, dass das geplante Werk vollkommen genehmigungsfähig sei und nicht schädlicher sei als andere Industrieanlagen im Land. Parallel wurde an dem Werk in der Balgert bereits gebaut. Erst im Februar 1990 entspannte sich die Lage etwas – es wurde bekannt, dass sich weitere Unternehmen in Brilon ansiedeln wollen und verschiedene Prozesse gegen die Eröffnung des Werks scheiterten. Trotz allem wurden auch im Jahr 1990 mehrere Prozesse geführt, die einen Baustopp des Werkes erwirken sollten. Im Dezember 1990 wurde aber tatsächlich die erste Spanplatte produziert, bevor das Werk im Frühjahr 1991 stillgelegt wurde: Abweichend vom Genehmigungsbescheid waren andere Filter eingebaut worden, für die keine erneute Genehmigung eingeholt worden war. Nach gründlichen Kontrollen durch die Genehmigungsbehörden und Vorlage der erneuerten Genehmigung konnte die Produktion schließlich wieder aufgenommen werden. Kontrollmessungen in den Folgejahren ergaben, dass die genehmigten Grenzwerte in der Regel unterschritten wurden. Somit legte sich auch der Protest gegen die Firma.

Heute ist Egger nicht mehr aus Brilon wegzudenken und trotz allem trägt die Stadt seit dem Jahr 2020 das Attribut Kneipp-Heilbad.

 

Weitere Hintergründe und die gesamte Geschichte der Egger-Ansiedlung können dem Bericht von Reinhard Sommer „Industrieansiedlung Egger: Konflikt mit einer kritischen Öffentlichkeit“ aus dem Buch 800 Jahre Stadt Brilon - Band 2 entnommen werden.

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